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von tomfooty » Do 4. Apr 2019, 23:19
Nostalgie und Ideologie sind für die meisten Traditionalisten bereits Grund genug, sodass sie darüber hinaus keine Notwendigkeit sehen, irgendwelche Gründe nennen zu müssen. Dass bestimmte Denkmuster dann im Hinblick auf das Verhalten solcher Fans total widersprüchlich sind, ist für mich offensichtlich. Sicher geht es oftmals nur darum, eine symbolhafte Pöbelei zu begründen, mit der man einfach nur laut und gegen irgendetwas Böses sein darf, weil man eben irgendein Feindbild braucht. Ich habe viele Situationen erlebt, wo genau darüber diskutiert wurde und auf dieses Argument hin vom Gegenüber nur noch ein verlegenes Schweigen zu erkennen war.
Doch nun zurück zum Fußball:
Die Diskussion dreht sich ja gerade darum, wo anzusetzen wäre, um im Kampf um den Verbleib in den Top 4 möglichst gut darzustehen.
Die Thesen, wovon es im Wesentlichen abhängt, umfassen entweder
-Losglück
-Taktik
-Qualität der Jugendarbeit
-TV-Verträge
-Taktik
-Chancenverwertung
-Kontinuität des Personals als Kriterien des Erfolges.
Ich nehme aber an, dass es für einzelne Klubs ab einem bestimmten finanziellen Level möglich ist, sich einfach über das vorhandene Kapital das Know-How "einzukaufen", das andere sich erarbeiten, z.B. kann meine Jugendarbeit totaler Bockmist sein, im Sturm nur Chancentode hervorbringen, die von taktisch auf niedrigem Niveau trainierenden Coaches gefördert werden und trotzdem habe ich das Kapital, einen fertigen Stürmer aus einem anderen Klub loszueisen...und irgendwann kann ich mir nicht nur Spieler, sondern auch die besten Jugendcoaches, Teamärzte, Greenkeeper, Manager, Ernährungsberater, Seelenklempner, Buddha-Statuen, Pressesprecher, Scouts etc. einkaufen, Berufsgruppen, die meist im Hintergrund arbeiten und deren Wirken daher wohl eher unterschätzt wird.
Mit anderem Worten: Ab einem bestimmten finaziellen Level kann nur noch das Kapital ein so umfassendes Know-How in einen Verein oder Klub bringen, weil die Menge an notwendigen Kompetenzen zu hoch ist, um innerhalb des Vereins vorliegen zu können bzw. aus dem Verein selbst heraus gebildet zu werden...was dies anbelangt, ist der deutsche Vereinsfußball auf der europäischen Ebene meilenweit von der Spitze entfernt, man bemerkt es nur nicht, weil jedes Jahr eben nur ein Klub die CL gewinnt und man dann sagt "Ha! Real hat zwar die Champions League gewonnen, doch PSG, ManCity, Liverpool, Atletico, Barcelona, Juve etc. haben die nicht gewonnen und deswegen sind wir mit denen noch auf einem Level!" und weil die Unterschiede in der Spitze durch die Berechnung der 5-JW-Wertung garnicht sichtbar werden, weil ebendiese nur eine modusbedingt relativ kleine Anzahl an Spielen berücksichtigt. Je öfter Schalke oder Bayern gegen Liverpool oder ManCity spielen würden, desto größer würde der Abstand sich dann auch in Zahlen zeigen.
Schaut man sich sie PL an, wird noch etwas deutlich...ab einem bestimmten finanziellen Level schwimmt man soweit oben mit, dass man den Zustand namens "too big to fail" einnimmt, sodass man Planungssicherheit hat. In diesem Zustand kann man es sich dann auch leisten, sich eine Kontinuität in der Zusammensetzung des Personals zu gönnen, auch, da an der obersten Spitze irgendwann auch eine Grenze erreicht ist und man z.B. keinen besseren Trainer verpflichten kann, selbst mit allem Geld der Welt.
In der Bundesliga ist so etwas nur schwer realisierbar, gerade wenn man bedenkt, dass sowohl der BVB vor ein paar Jahren, als auch Schalke 04 in dieser Saison, reale Abstiegssorgen haben/hatten, es also um wirklich existenzielle Sorgen ging. Beides sind eigentlich Klubs der "TOP5 of Germany", einem TOP5-Klub aus England, Spanien oder Italien ist so etwas meines Wissens viel länger nicht widerfahren.
Die Unterschiede zwischen den BuLi-Klubs sind aber insgesamt nicht so groß, als dass irgendein Klub die Aussicht hat, dem Rest in naher Zukunft enteilen zu können, obwohl man natürlich warten darf, was Leipzig macht, außer dem Dosenklub und den Bayern fällt mir kein Klub ein, der in jüngster Vergangenheit nicht mindestens einmal zu Beginn der Rückrunde im Abstiegskampf steckte, außer eventuell Gladbach und Bayer, die aber auch seit Jahrzehnten keine Anstalten machen, dem Rest der Liga zu enteilen. Der Normalfall ist eben, dass ein Bundesliga-Klub auch immer nur in einer von zweien Saisons seine Ziele erreicht bzw. zufrieden ist und auch dass ein Trainer meistens auch immer nur eine Saison lang erfolgreich ist und im Jahr danach seinen Vertrag nicht erfüllt und das zeigt, dass zwei Dinge fehlen:
1. Kontinuität
2. Kompetenzen, mit denen man der Konkurrenz enteilt, weil man einfach schon ein Stück weiter ist
Wenn ich bedenke, dass ein Herr Doll bemüht werden muss, um nach Hannover zu gehen und dort den Abstieg sogar zumindest gefühlt noch einmal zu beschleunigen, dann müssen sich die für die Trainerausbildung in Deutschland Verantwortlichen doch vor Selbstzweifeln einem chronischen Kopfkratzen widmen!
DIe Liga wirkt auch mich wie eine träge Masse, die zwar ab und zu gedreht wird, aber so richtig sticht kein Klub aus der Masse heraus. MItten in dieser Masse sind dann Klubs wie Mainz oder Freiburg, die in Ermangelung an höheren Ansprüchen das kontinuierliche Klebenbleiben im Bundesliga-Mittelfeld als "Erfolg" verbuchen können.
Bezüglich Losglück stimme ich übrigens dahingehend zu, dass es diese Saison zwar durchaus gegeben war, sich dies aber in den KO-Runden umgekehrt hat und man aber trotzdem dieses Kriterium auch dahingehend relativieren muss, dass es nicht das ausschlagebende Merkmal ist, anhand dem man das letztliche in diesem Jahr zumindest mittelprächtige, aber immerhin erhabliche bessere Abschneiden als letztes Jahr beurteilen könnte. Eine Liga, deren trägste Masse in der Spitze und nicht in der Breite liegt, muss sich da aber so oder so keine Sorgen machen, da deren Teams meistens ohnehin im bestmöglichen Topf spielen und nicht wie in der Bundesliga mitunter Teams wie Freiburg ins Rennen schicken, bei denen man letztlich sogar vergeblich um deren Bestehen einer Quali-Runde gegen Teams wie Domzale zittern und bibbern muss...in einer Saison, die dann trotzdem für die Breisgauer zum "Erfolg" wurde, fast so, als würden sie sich einen "Streich" spielen wollen...
Bezüglich der Frage nach den TV-Verträgen gehe ich auch davon aus, dass man eben erst dann über diese Verträge ein Produkt umso besser vermarkten kann, desto mehr es der Nachfrage entspricht. Global betrachtet ist aber eben Fußball dann für den Endverbraucher interessanter, wenn vorher massig an Geld in ebendieses Produkt investiert wurde...das "zum Zwecke besserer Vermarktungschancen" an einem Freitagabend angesetzte Ligaspiel der BuLi lautet heute Abend übrigens Mainz gegen Freiburg und ganz bestimmt beschert dieses Spiel der BuLi "riesige" Vermarktungserlöse...Ironie aus, wer einen TV-Vertrag abschließt, sollte dem Kunden auch ein Produkt bieten, das interessant ist, sonst fehlt hinterher der Gewinn, wer ein "Produkt" wie ebendieses Duell zweier Teams des Ligamittelfeldes mit anbietet, erreicht eben je nach Qualität mehr oder weniger Kundschaft...womit wir beim Geld wären (der rote Faden dieses Posts) und damit irgendwie auch bei Investoren...
Vielleicht wünschen sich manche ja Investoren, um überhaupt mal irgendeine Art von Neuerung erleben zu können, es geht ihnen nicht um Investoren, sondern einfach darum, dass sich etwas ändert...
...und wenn die Ligue 1 nicht weiterhin eine ernstzunehmende Konkurrenz-Liga wäre, dann gebe es diesen Thread ja eben garnicht...
...und wem dieser Post zu sehr nach "Geld regiert die Welt" und "Geld löst alle Probleme" klingt, dem sei gesagt, dass ich diese zwei Sprichworte weder als mit einem Dollarzeichen in den Augen blinkender Kapitalist, noch als gleichgültiger Kulturpessimist von mir gebe, sondern einfach die Dinge so benenne wie sie sind, weil ich niemanden mit erfundenen Dingen wie irgendeiner Tradition anlügen will.