Dazu stehen in den Titellisten seit 2012 zwei spanische CL-Sieger, 10 CL-Halbfinalisten - also praktisch jedes Jahr 2 Mannschaften unter den besten 4; 3 EL-Sieger; 6 EL-Halbfinalisten - ein einziges Jahr, 12/13, gab es, als es mal keine spanische Mannschaft unter die letzten 4 schaffte in der EL (ja noch nicht mal ins Viertefinale)
Dann noch eine Statistik, die SirHenri im Thread über die "Zusammenfassungen der Spieltage" geschrieben hat:
Was also heißt, sie scheitern oft erst dann, wenn es gar nicht anders geht, sprich ein spanisches gegen ein spanisches Team spielt und folglich einer raus muss.SirHenri hat geschrieben:[...] von den vergangenen 50 internationalen KO-Duellen hat Spanien nur 3 verloren. Und 47 (!!!) gewonnen.
Und mich würde einfach interessieren, warum das so ist? Nicht um zu Jammern, weil es so ist, sondern um Schlüsse daraus zu ziehen, wie das erreichbar ist und warum die anderen aktuell nicht ran kommen. Immerhin sind die anderen:
Deutschland - Weltmeister und Zweiter der 5-Jahreswertung, aber gefühlt hat man den Eindruck, dass außer Bayern und Dortmund jede andere Bundesligamannschaft Null Chancen hätte, in der Primera División einen einstelligen Tabellenplatz zu erlangen.
Dann gibt es noch England - hier spielt Geld kaum noch eine Rolle. In der 5-JW aber weit weg von Spanien, schwache letzte Jahre, dieses Jahr gleich 2 (!) Teams vor der Gruppenphase verloren, aber immerhin auch 2 Halbfinalisten. Dazu spielen trotz des Geldes die absoluten Superstars unserer Zeit mit Messi und Ronaldo nicht, oder zumindest schon sehr lange nicht mehr, auf der Insel.
Tja, und dann der Rest - sorry, wenn ich das so sage. Aber dieses Jahr hat der Wertungsvierte Italien und der Wertungsfünfte Portugal zusammengenommen gerade einen halben Punkt mehr als Spanien. Mit dem Schönheitsfehler, dass Spanien noch 4 Teams dabei hat und die genannten Länder nichts mehr. Mehr als die Kategorie Sonstige fällt mir dazu nicht ein. Wobei ich noch die Zeit kenne, als Italien eine sehr dominante Phase Ende der 80er bis in die 90er Jahre hinein hatte. Das war über einige Jahr schon sehr dominant, die spanische Dominanz wirkt nur noch ein Stück weit erdrückender gerade. Aber mal sehen, ob das so überhaupt stimmt.
Außnahmeerscheinung?
Dann schließe ich gleich mal bei Italien an. Meine These auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre war, das gabs so noch nie! Noch nie hat eine einzige Nation mit seinen Mannschaften Europa so beherrscht. Naja, ist wohl doch eher ein Gefühl. Bereits in den 50 Jahren gab es jahrelang eine 100% Siegquote für Spanien in Form von Real Madrid. Zugegeben war das zu einer Zeit, als es nur einen Europacup gab und die besten Spieler der Welt sich vor allem auf einen Verein fokusierten, nämlich Real. Das "weiße Ballet" war der erste Dominator auf der Europacupbühne. Spanien damit, unter ganz anderen Voraussetzungen und Punktesystemen haushoch vorne in der 5-Jahreswertung. Aber der Europacup hatte auch noch nicht die Bedeutung wie heute.
Mit Einführung des Europapokals der Pokalsieger wurden die Siegerlisten sowieso bunter. Gerade in diesem Wettbewerb gab es Anfangs praktisch jedes Jahr ein anderes Siegerland. Die Bundesliga selbst hatte in den 70er Jahre, gerade auch nach Einführung des UEFA-Pokals beeindruckende Jahre, so waren 1980 fünf Bundesligisten im Viertelfinale und da es ja ein direktes Duell geben musste, schafften es dann auch "nur" vier davon ins Halbfinale. ^^ Beeindruckend, aber länger als 2 bis 3 Jahre gab es das auch nicht.
Es war dann wirklich Italien, wie oben schon erwähnt, ab den 80er Jahren und dann ganz stark bis zur ersten Hälfte der 90er Jahre, die Europas Vereinsfussball beherrschten. Bei 7 UEFA-Cup-Austragungen von 1989 bis 1995 kamen die Sieger 6 mal aus Italien (nur Ajax Amsterdam unterbrach die Serie einmal). Und mit dem SSC Neapel, Inter Mailand, Juventus Turin und dem AC Parma verteilte es sich auch entsprechend gut. Dies war eine Gesamtleistung der Liga, nicht eines einzelnen Vereins. Stärkste Vereinsmannschaft damals war der AC Mailand, der 3 mal den Europacup der Landesmeister bzw. dann die Champions League gewinnen konnte. Aber auch Vereine wie Sampdoria Genua und der AC Parma standen mehrmals in Europäischen Endspielen. Genua sogar einmal im CL-Finale, wenn sich daran noch einer erinnern kann? Bzw. damals war das die letzte Austragung unter dem Namen Europapokal der Landesmeister. Kurz gesagt, wann immer das Los einen italienischen Klub brachte, waren diese zumeist in der Favoritenrolle.
Die Gründe für den italienischen Fussballboom waren nach heutigem Stand nicht unbekannt und nach aktuellem Regelwerk nicht auf die Bundesliga übertragbar: Investoren! Fiat war/ ist Juve - Berlusconi war/ ist Milan - Cirio war Lazio Rom - Parmalat war Parma usw. Sie hatten ihre Geldgeber, die entsprechend reinbutterten, als der Rest der Fussballwelt oft noch ehrenamtlich geführte Vereine waren. Damals war das Geld in Italien verfügbar und kein Financial Fair Play, welches Einnahmen und Ausgaben betrachtete. Bis 1992 war die aktuelle Weltrekordtransfersumme 15 mal eine italienische Angelegeneheit. Aber man geht auch davon aus, dass hier schon die Probleme lagen, die Italien später einen schweren Dämpfer verpassten. Die Cirio-Gruppe Pleite - Parmalat Pleite, deswegen gab es 2 Insolvenzen vom AC Parma - Fiorentina und Napoli bankrott. Ich bin kein Finanzexperte, aber erlaube mir trotzdem zu sagen, das war wie eine Blase, die irgendwann geplatzt ist. Und ich will auch nicht vor Investoren warnen, hier wurden Fehler auf mehreren Ebenen gemacht, aber wenn man nicht allzu Verschwenderisch mit Geld umgegangen wäre, hätte es vielleicht den einen oder anderen Europapokal weniger gegeben, aber Italiens Vereine würde heute besser da stehen.
Gründe für den Abschwung Italiens waren ja auch nicht die Investoren an sich, sondern mehr Ausgaben als Einnahmen - Politik. Eine Rezession, welche das Land dann traf, tat ihr übriges. Etwas was ich später gern nochmal aufgreifen will.
Dann um die Jahrtausendwende begann Spaniens starke Zeit, die bis heute anhält, aber auch begleitet wurde vom englischen Comeback. Zwischenzeitlich war die englische Liga kurz mal vor Spanien und hat auch entsprechend die Titel eingeheimst. Deutschland war jahrelang weit weg von der Spitze. Wir konnten da nur noch zusehen und staunen. Und seit jetzt die Engländer schwächeln, ist Spaniens Vormachtstellung erdrückend! Jedenfalls wirkt dies so. Ich würde sagen, so ab 2012 sind die eh schon starken spanischen Teams, dann nochmal durch die Decke gesprungen. Das sind nun also so 5 Jahre.
Aber als Kurzfazit muss man einfach festhalten. Spaniens Dominanz ist groß, aber kein Unikum. Ich würde die Zeit der italienischen Hochphase durchaus damit vergleichen. Auch die Gefahren sehe ich ähnlich. Nur braucht man nicht glauben, dass dies in 2-3 Jahren Auswirkungen zeigt. Die Auswirkungen können sich auf 10-20 Jahre und länger bemerkbar machen.
Einige interessante Punkte habe ich übrigens aus einem Interview mit dem spanischen Staatssekretär für Sport, Miguel Cardenal, heraus genommen. Dies hat er dem Spiegel vor der WM 2014 gegeben und sah die spanische Entwicklung kritisch aber auch mit den Veränderungsansätzen. So kommt der erste Punkt daher aus diesem Interview.
Verbindung von Fussball und Politik
Wobei gerade dieser Miguel Cardenal 2012 eine Aussage tätigte, welche durch die europäische Presse ging und für Entrüstung auch in Spanien sorgte. Damals wurde bekannt, dass die Gesamtheit der spanischen Vereine 752 Mio. € Schulden gegenüber dem eigenen Fiskus hatten, allerdings ohne dass die Sozialversicherungsleistungen eingerechnet waren, dann wäre es wohl ca. 1,3 Milliarden € Verbindlichkeiten nur auf Grund dieser Versäuminsse. Und Cardenal deutete in einem Interview, zumindest interpretationstechnisch, an, man könnte einen Schuldenerlass diskutieren. In einem Jahr als Spaniens Wirtschaft kräftig schrumpfte und die Arbeitslosigkeit Rekordhöhen erreichte. Cardenal distanzierte sich sehr schnell von dieser Überlegung und hatte es ja auch nicht so gemeint. ^^ Aber die Politik spielt hier kräftig mit, dass es dem Lieblingsspielzeug gut geht.
Die Steuerschulden müssen nun zurückgezahlt werden, das ist schonmal eine größere Belastung für spaniens Vereinsfussball, aber auszuwirken scheint sich dies noch nicht. Wenngleich die Schulden in diesem Segment im Jahr 2014 wohl schon deutlich geringer waren, nämlich "nur" noch 432,5 Millionen €. Einige Vereine, z. B. Atletico Madrid, konnten aber böse gersagt, ihr tolles Team über... na, wie wollen wir das nennen - Staatssubventionen? - passt nicht ganz - Staatskredit? Oder doch einfach über Betrug? finanzieren. Ja, muss man bei allen anderen Punkte auch erwähnen. Hätte Atletico mal schön Steuern gezahlt, wären sie heute wahrscheinlich nicht im CL-Halbfinale, hätten vermutlich auch 2014 auch nicht im Finale gestanden, aber auch das ist in der Liste mit drin.
Nächstes Beispiel ist Real Madrid. Ende der 90 Jahre liefen einige grundstücks- und Immobiliengeschäfte. Real bekam im Vorort Las Tablas ein Grundstück zugesprochen, welches wie sich herausstellte nicht bebaut werden durfte. Es wurde mit 421.000 € in den Büchern vermerkt. Total überbewertet, wie zumindest die Süddeutsche schreibt. Und weil unbebaubare Grundstücke nicht viel bringen wurden sie mit Grundstücken in der Innenstadt getausch. Laut der englischen Zeitung Independent eine Wertsteigerung um 5400% einfach mal so. Macht dann 22,7 Mio. € in den Büchern, die da vorher nicht da waren.
2001 hatte Real schon einmal "Glück" mit Grundstücken. Für 480 Mio. € wurden die vereinseigenes Liegenschaften verkauft. Und okay, nun ist es ein wenig spekulativ, das Land wurde von der Madrider Stadtregierung zuvor zum Bauland erklärt, weil sonst ein solcher Wert gar nicht möglich gewesen wäre. Spekulation ist natürlich, dass hier nachgeholfen wurde und Präsident Pérez, ein Baulöwe, war ja zuvor für die Umwelt- und Bauverwaltung in Madrid zuständig. Man braucht fast nicht zu erwähnen, dass seine Firma Grupo ACS bei der späteren Bebauung beteiligt war. Im schwäbischen würde man zumindest mal sagen "das hat ein Gschmäckle".
Auswirkungen haben die politischen Entscheidungen auf die Steuersätze der Profis. Eigentlich wurden 2012 die Spitzensteuersätze erhöht. Aber Fussballer, ja oder eigentlich ausländische Spitzenkräfte, welche von 2003 bis 2010 ins Land kamen fallen unter das sogennate Beckham-Gesetz (so heißt es im Volksmund). Statt 50% müssen diese nur den Mindestsatz von 24% Steuern zahlen. Mit einigen Sonderklauseln, aber selbst das ist schon wieder einen Thread wert. Ich nehm hier mal das Zitat aus der Süddeutschen:
In Frankreich ist Monaco natürlich ein Sonderfall. Aber betrachtet man diese Zahlen fällt selbst die Entrüstung über die Möglichkeiten des Vereins aus dem Fürstentum klein aus, weil in Spanien sind die Vereine zumindest bei ausländischen Spielern nur lächerlich knapp weg von der Null-Besteuerung der Gehälter. Wie gesagt, Chancengleichheit ist was anderes. Aber nach den jetzigen Gesetzen ist diese Regel natürlich nicht verboten. Ich glaube nur in Deutschland beispielsweise undenkbar. Und ich darf natürlich nicht vergessen zu schreiben, dass dies schon wieder eingeschränkt ist. Inländische Spieler fallen nicht darunter und diese sind ja immer noch die Mehrheit der Spieler. Neu zugekaufte Spieler sind soweit ich weiß auch ausgenommen.Einem Rechenbeispiel der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young zufolge müssen deutsche und italienische Vereine einem ausländischen Spieler, der zwei Millionen Euro netto verdienen will, knapp 3,6 Millionen Euro brutto zahlen. Ein englischer Verein muss noch 3,4 Millionen, ein französischer gar mehr als 4,3 Millionen Euro aufwenden. Ein spanischer Klub kommt hingegen mit 2,669 Millionen Euro aus. "Der gemeinsame Markt existiert im Fußball nicht", sagt Barbara Pardo de Santayana von Ernst & Young.
Es zeigt sich, dass unter gewissen Voraussetzungen gar nicht die Notwendigkeit besteht, so viel Geld wie die englische Liga zu generieren. Man spart es sich in Spanien an den Abgaben. Damit kann man gewisse Differenzen in den TV-Einnahmen schon mal wieder wett machen.
Der eingangs erwähnte Miguel Cardenal sagt es so (nur nochmal zur Erinnerung, dies war 2014, noch bevor Alonso bei Bayern war):
Sportlicher Erfolg kann viele Menschen glücklich machen, gerade in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten. Der Selección, unserer Fußball-Nationalmannschaft, kommt dabei eine spezielle Rolle zu.
Sie [die Selección] eint das Land. In ihr kämpfen die Besten Spaniens zusammen für ein Ziel, Katalanen wie Barcelonas Xavi, Basken wie Javi Martínez oder ein Xabi Alonso von Real Madrid. Mit ihren gemeinsamen Erfolgen zeigen sie den spanischen Bürgern, dass man mit harter Arbeit und Zusammenhalt viel erreichen kann.
Das lässt schon tief blicken, aber sagt auch einiges über die Bedeutung des Fussballes aus. Die Politik nutzt den Fussball, der Fussball nutzt die Politik. Und erfolgreiche Vereine und Nationalmannschaften sind auch ein Aushängeschild für ein Land. Vielleicht noch kritisch angemerkt: Gerade dann, wenn sonst nicht so viel da ist.Der Fußball lässt die Menschen zusammenrücken, sogar Real- und Barcelona-Fans in ihrer Feindschaft. Für viele Spanier ist er wichtiger als Politik und Kultur. Sie identifizieren sich mit ihrem Verein oder der Nationalmannschaft. Im Baskenland zum Beispiel sind die Spiele der Selección die am meisten gesehenen Fernsehsendungen. Als wir vor zwei Jahren erneut Europameister wurden, waren die Probleme der Wirtschaftskrise für kurze Zeit egal.
Nachwuchsarbeit
Hier verzichte ich mal auf Links und Belege. Zuletzt, 2015, haben die Spanier die Titel nicht abgeräumt, aber ich denke eine starke Jugendarbeit lässt sich nicht ausschließlich mit Jugendtiteln belegen, wenngleich in den Jahren und Turnieren davor, Spanien kräftig mitgesprochen hat und auch den einen oder anderen Titel holte. Jugendleistungszentren, Nachwuchsakemien auch außerhalb der Profivereine, sorgen dafür, dass das starke Niveau an jungen Spielern nicht abreist. Der FC Barcelona gilt als Paradebeispiel für gelungene Jugendförderung. 38 Spieler stehen heute laut Sportbild bei Top-Vereinen unter Vertrag, welche bei Barca ausgebildet wurden. 14 davon bei Barca selbst. Der Aufwand, der hier auf sich genommen wird ist enorm. Die Resultate beindruckend. Hier hat die Bundesliga an Boden kräftig gut gemacht und ich glaube, das ist auch ein Grund, warum man sich vereinsrechnisch, wie auch in der Nationalelf deutlich weiter vorne sehen kann, aber Spanien ist hier immer noch das Maß aller Dinge.
Es spielen ja auch sehr viele spanische Spieler im Ausland. Aber es scheint, dass sie damit zum Einen Geld nach Spanien bringen, zum Anderen Platz machen, für die kommende Generation.
Zusammenfassung:
- Dominanzen sind nicht für die Ewigkeit gemacht. Alles hat seine Zeit! Und Spanien weißt einige Parallelen zu Italien vor 20 Jahren auf. Mit dem Vorteil, sie scheinen früher gegenzusteuern.
- Ob jetzt alles richtig ist, ob man es gut findet oder nicht. In Spanien ist Fussball auch Politik. Es gibt hier eine Verknüpfung von Interessen, welche schwer zu übertragen ist auf andere Länder. Das lässt Dinge möglich machen, welche unter diesen Voraussetzunge woanders nicht möglich wären. Aber es ist auch nicht ungefährlich, weil so manche Situation verändert sich. Gesetze ändern sich - die Europäische Union könnte evtl. auch für Gleichheit bei der Besteuerung sorgen.
- Eine Nachwuchsförderung sondersgleichen sorgt für einen starke Liga.