Thema Özil
Ich habe die Tage gedacht, dass das Thema hier nicht unbedingt rein muss, da es auch zum politikum geworden ist. Und das ist immer ein wenig schwierig, wenn sich das mit Sport vermischt. Aber die Dimension ist gerde so, dass ein Nationalspieler zurückgetreten ist, ein DFB-Präsident zumindest mal wankt und der DFB an sich, in meinen Augen ein sehr schlechtes Bild abgibt.
Nochmal kurz zum Überblick:
14. Mai - kurz vor der WM-Nominierung finden die Fotos mit Erdogan sowie den Spielern Özil und Gündogan statt
Dies alles kocht sehr schnell hoch, wird in der Öffentlichkeit breit diskutiert, mit vielen (wie ich es wahrnahm), negativen, Begleiterscheinungen.
19. Mai - Treffen mit Bundespräsident Steinmeier. Hier gab es nicht viele Statements, außer das, was der Präsident über seine Facebook-Seite verlauten lies:
Mesut Özil hat mir heute gesagt: „Ich bin hier aufgewachsen und stehe zu meinem Land.“ Und İlkay Gündoğan erzählte: „Meine Familie stammt aus Dursunbey. Ich bin in Gelsenkirchen geboren. So wie die Heimat meiner Eltern auch ein Stück Heimat für mich ist, so ist Deutschland heute eindeutig mein Land und mein Team.“ Meine Antwort an beide: „Und mit Deutschland werden Sie Weltmeister!“
Am gleichen Tag soll es auch noch ein "klärendes" Gespräch mit Löw, Özil, Grindel, Gündogan und Bierhoff gegeben haben. Hierüber gab es aber in der Folge stillschweigen. Alleine, dass es dieses Treffen gegeben hat, wurde veröffentlicht.
Im Weiteren Verlauf gab es Pfiffe bei Testspielen, eine Erklärung von Gündogan und die Reaktion des DFB, dass nun alles gesagt sei. Bierhoff im Wortlaut:
Was hätten wir noch mehr machen sollen? Ich bin der Meinung, wir haben sehr viel gemacht - und jetzt reicht es dann auch!
Ein paar Tage später sagt Bierhoff, das kann man auf nach die WM verschieben. Also doch wieder Aufarbeitung?
WM in Russland - Kollektive Enttäuschung und dann ist wieder alles auf dem Tisch!
6. Juli - die Bierhoff-Aussage
Wir haben Spieler bei der deutschen Nationalmannschaft bislang noch nie zu etwas gezwungen, sondern immer versucht, sie für eine Sache zu überzeugen. Das ist uns bei Mesut nicht gelungen. Und insofern hätte man überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet.
Sehr merkwüdige Formulierung, von der Bierhoff dann behauptete, dass er mißverstanden wurde und es kein Fehler war, Özil mitzunehmen.
8. Juli - Reinhard Grindel im Kicker
Es stimmt, dass sich Mesut bisher nicht geäußert hat. Das hat viele Fans enttäuscht, weil sie Fragen haben und eine Antwort erwarten. Diese Antwort erwarten sie zu Recht. Deshalb ist für mich völlig klar, dass sich Mesut, wenn er aus dem Urlaub zurückkehrt, auch in seinem eigenen Interesse öffentlich äußern sollte.
Und dann jetzt, also am 22. Juli die Twitter-Trilogie von Özil, in der er versucht sein Foto zu erklären, Grindel scharf angreift sowie das Verhältnis Deutschland-Türkei als Problemverhältnis darstellt. Sinniger Weise tut er dies auf Englisch. Wobei er dann auch gleich in Nuancen falsch übersetzt wurde.
Und mit dem Twitter-Reigen kommt dann auch der Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft. Und nun steckt da natürlich einiges drin. Es ist von vorne bis hinten sehr politisch. Die Tweets von Özil haben absolut nachvollziehbare Inhalte und dann wieder Dinge, bei denen man denkt, er hat nicht verstanden, worum es in der Diskussion wirklich ging.
Alleine das hat nun schon wahnsinnig viel Sprengstoff. Aber die Dimension wird noch größer, da dies bis zu DFB-Präsident Grindel hoch reicht und ein Rücktritt an der DFB-Spitze möglich, vielleicht sogar notwendig ist. Der Umgang mit den Auswirkungen des Erdogang-Fotos war richtig schlecht von DFB-Seite. Die Dimension wurde unterschätzt, man wollte dies so schnell wie möglich los haben.
Das Nachtreten nach dem WM-Aus, ganz gezielt in Richtung Özil war amateurhaft. Ich weiß natürlich nicht, was intern besprochen wurde, aber nach außen wirkte das alles sehr wenig professionell. Ähnlich wie das bis jetzt anhaltende Schweigen von Seiten des DFB. Abgesehen von einer einseitigen Erklärung auf der DFB-Internetseite, die aber so standardisiert ist, und so bewußt unverfänglich ist, dass am Ende gar kein echtes Statement mehr heraus zu lesen ist.
Wegen der ganzen Geschichte hätte Özil nicht zurücktreten zu müssen. Ein Grindel hätte sich nicht solch massiven Rücktrittsforderungen stellen müssen. Aber alle haben sie ihren Beitrag geleistet, dass der Fall nun größer wurde, als er ist. Sportlich ist ein Özil ersetzbar. Ein möglicher Nachfolger für Grindel kann sogar, aus vielen anderen Gründen, gut tun. Aber aktuell gibt es hier eigentlich nur Verlierer. Dazu wurde ein Diskussion eröffnet, die keine Probleme löst, sondern nur Gräben tiefer werden lässt.